A und O (16. September 2025)

Es muss etwa im Jahre 2008 gewesen sein, da wurde ich von einem Bekannten auf eine kleine, feine Bühne im Stemmerhof in München angesprochen. Ich bin hin und war auf Anhieb verzaubert. Es war ein magischer Ort voller unterschiedlicher Instrumente an der Wand, mit einer kleinen Bühne und einem Klangsammler: Roland Fritsch, der vieles dort eigenhändig schön gemacht hatte. Wir kamen ins Gespräch, und ich habe auf dieser Bühne kurze Zeit später einiges ausprobiert. Bei den ersten Vorstellungen war wenig Publikum da, dann wurde es mit den Jahren immer mehr. Ich habe meine Kinderstücke gespielt, viele Schul- und Familienvorstellungen, für die ich vorher eigenhändig jede Menge Plakate aufgehängt habe. So gab es nach und nach ein kleines Stammpublikum, für die Konzerte, die dort stattfanden, sowieso, aber auch für meine Stücke.

Roland hatte zu dem Zeitpunkt ein Musikinstrumentenmuseum, und irgendwann hatten wir die Idee, ein gemeinsames Stück zu schreiben, zum Thema Klänge, Töne und Instrumente. Wir haben versucht, Geld von der Stadt zu bekommen, was leider nicht geklappt hat. Es gab damals auch kein extra Budget für Kindertheaterproduktionen, da floss alles in Produktionen für Erwachsene.

Wir haben das Stück trotzdem produziert, alles selbst gemacht, auch die Regie, und es fand viel Anklang beim Publikum. Die Rolle war natürlich dem Roland auf den Leib geschnitten, weil er auch im wahren Leben ein echter Klangsammler ist. Wir haben viele Schätze aus seiner privaten Sammlung eingebaut. Unser Stück ist mit viel Herz und eigenem Engagement entstanden. Irgendwann im Jahre 2020 hat Roland gesagt, er gehe jetzt so langsam als Meister Kling in Rente. Im Stück – nicht im echten Leben. Ich ließ noch wunderschöne Plakate drucken, für eine gemeinsame Vorstellung im Mai in Augsburg, die bereits organisiert war, mit einer tollen Augsburger Band im Anschluss (Musique in Aspik). Leider hat die Vorstellung, wie viele in diesen Jahren nie stattgefunden … Mit Roland habe ich noch bei einer Feier in einem Waldkindergarten gespielt.

Im Jahre 2022 habe ich dann einen zweiten Meister Kling gefunden, den Schauspieler Christian Beier. Es war gar nicht so leicht, jemanden aufzutreiben, weil die Rolle des Meister Kling beinhaltet, dass man in dem Stück sehr viele Instrumente und Klangerzeuger spielt. Aber der Christian kann das. Was für ein Glück! Wir konnten mit einer Wiederaufnahmeförderung, die wir beim Verband Freie darstellende Künste beantragten und bekamen, das Stück neu proben und Roland seinen Fundus abkaufen – zu einem Freundschaftspreis. Detlef Winterberg hat Regie gemacht, und das Stück hat sich noch mal verwandelt und weiter entwickelt.

Die Bühne in München, auf der das Stück entstand, gibt es nicht mehr am damaligen Ort. Der Vermieter strebte durch eine kommerziellere Nutzung mehr Miete an und verlängerte den Mietvertrag nicht. Er wollte wohl lieber seine Kasse klingeln hören als schöne Musik. Drum musste das ars musica also eines Tages aus den Räumen im Stemmerhof raus. Ich hatte damals noch beim letzten Livestream („Last Scream“, wie es hieß) einen Auftritt in den schönen Räumen. Der Verein ars musica hat sich aber trotzdem nicht unterkriegen lassen und ist nun auf verschiedenen Münchner Bühnen beheimatet: einer kleinen Bühne im Musikladen und zwei weiteren Bühnen in Sendling.

Als mobiles Theater spielen wir ja überall, und so haben wir uns sehr gefreut, gestern beim ars-musica-Festival für junge Musik aufzutreten. Diesmal in ganz neuen Räumen im alten Flughafen, sehr abgelegen: im Kopfbau in Riem. Es war das alte Kassenhaus für die Zuschauertribüne. Ziemlich gut ausgestattet und schick renoviert.

Hat mich gefreut, dass doch einige Leute kamen, auch ein paar Familien, die mich von anderen Vorstellungen kannten. Sie haben die Reise ohne Privatjet auf sich genommen und es nicht bereut. Wir auch nicht.

Roland hat gestern das erste Mal das Stück in neuer Besetzung gesehen. Vielleicht schließt sich da ja nun der Kreis mit gleich zwei Klangsammlern an einem Ort. Und wenn man sich mit Klängen und Tönen befasst, möchte man ja selber gleich mit dem Klängesammeln beginnen, und daher denke ich: Es kann gar nicht genug Klangsammler geben. Klangsammlerinnen natürlich auch nicht. Klänge zu sammeln macht doch auch viel mehr Spaß als Knete zu horten, oder? Und gestern dachte ich mir noch: Auch wenn es top ausgestattete, renovierte Räume mit guter Technik gibt, ist das zwar ganz angenehm. Aber letztendlich kommt es immer auf die Menschen an, die die Orte beleben, und auf ein Publikum, das zuhören mag. Sie sind das A und O. Und für mich hat ein Raum voller fröhlicher Menschen immer auch den schönsten Klang.

 
Zurück | Seite neu laden | Lesezeichen einfügen | Drucken | Link emailen
^
Close MenuCLOWNESS Theater