Zwei Tage Zugverspätung (4. Dezember 2023)
Lustig waren die Auftritte am Freitag bei der Feier vom Alpenverein im Pschorr in München. Als „Rosa und Rita“, die resoluten Reinigungskräfte, waren wir mal wieder als Klofrauen im Einsatz. Die Gäste durften sich zunächst ein Toilettenpapier aussuchen (Umweltpapier, Superheldenpapier, Hundeliebhaberpapier oder Shit to-do-List-Toilettenpapier). Dann wurden sie mit der passenden Lektüre ausgestattet – wann hat man schon mal Zeit für „Faust 2“? Danach hieß es: erst Toilette, dann Tarot. Manchmal findet die Party halt auf dem Klo statt!
Was danach geschah: Meine Heimreise nach Augsburg gestaltete sich Freitag nachts etwas schwierig. Offenbar war auch die Bahn-App vom Schneefall betroffen: Ich musste erst zum Münchner Hauptbahnhof fahren, um zu erfahren, dass nichts fährt. Glücklicherweise finde ich in München immer ein warmes Bett bei meiner Mutter. Andere Reisende mussten in Aufenthaltszügen übernachten. Oder im Zwischengeschoss.
Am Sonntagmorgen lieferte die App immer noch keine genauen Infos. Vielleicht haben die Webseitenbefüller der Bahn am Sonntag frei? Oder wurden sie zum Schneeräumen eingesetzt? Auf gut Glück bin ich also zum Bahnhof gefahren und habe erfahren, dass doch ein paar ICE-Züge fahren. Aus dem ersten bin ich rausgeschmissen worden, wegen Überfüllung. Es dürfen nur dreißig Leute pro Waggon in den Gängen stehen, sonst holt die Bundespolizei alle raus, so die Drohung eines mürrischen Bahnmitarbeiters. Einige sind daraufhin ausgestiegen, andere wieder eingestiegen. Keine Ahnung, wie lange das Spiel so weiterging.
Ich bin jedenfalls in einen anderen Zug umgestiegen. Da saß ich über eine Stunde: Wir warteten auf das – durch einen verspäteten Zug – verspätete Personal! Als alle endlich an Bord waren, konnten wir leider nicht losfahren: ein Oberleitungsschaden, verursacht durch den vorausfahrenden Zug. Verspätung auf unbestimmte Zeit. Enttäuscht zogen alle wieder von dannen. Abends habe ich dann einen neuen Versuch am Bahnhof gestartet. Manche Züge fahren, verriet die Bahn-App – leider wurde nicht näher erläutert, welche das waren. Ein netter Bahnmitarbeiter konnte mir eine Zugverbindung empfehlen. Als dieser Zug auch wirklich abfuhr, atmeten alle erleichtert auf.
Es folgte eine etwas übertrieben freundliche Durchsage: „Wir bedauern außerordentlich und entschuldigen uns vielmals für die Unannehmlichkeiten, dass wir Ihnen heute leider kein gastronomisches Angebot im Bord Bistro anbieten können!“ Da mussten alle Passagiere herzlich lachen: Wenn es nur das wäre! Aber trotzdem gilt: Das Schönste an München ist der fahrende Zug nach Augsburg – auch mit zweitägiger Verspätung.
Abends erfuhr ich dann noch, dass der Unterricht meiner Tochter am Montag ausfällt, weil zu viel Schnee auf dem Schuldach liegt und die Belastungsgrenze deutlich überschritten ist, weshalb über das gesamte Schulgelände ein behördliches Betretungsverbot verhängt wurde.
So haben wir die Woche gleich mit einer ausgiebigen Schlittenfahrt begonnen. Vermutlich können Kinder in den Alpenregionen deshalb so gut Skifahren: Die Schulen sind nur im Sommer auf, weil im Winter zu viel Schnee auf den Dächern liegt und sie, statt in die Schule zu gehen, den Winter sportlich genießen können.
Eigentlich muss ich ja dringend meine Steuer machen, aber egal. Vielleicht schreibe ich einfach ans Finanzamt: „Sorry, ich schaff's leider nicht rechtzeitig; bin Bahnfahrerin … Außerdem wurde in den letzten Jahren meine Belastungsgrenze in Sachen Bürokratie deutlich überschritten. Und sowieso ist es viel gesünder, sich an der frischen Luft zu bewegen. Daher habe ich mir selbst ein Betretungsverbot für den Rechner verordnet. Ich melde mich, sobald es wieder aufgehoben wurde.“
Immerhin hatte ich beim vielen Warten Zeit, diese Zeilen zu schreiben, und im Kino war ich auch, in dem Film „Auf dem Weg“. Ein schöner Satz daraus: „Ich suche vergessene Pfade, um der Gegenwart zu entfliehen.“ Oder so ähnlich.