Den Winter vertreiben (13. Februar 2024)

Heute bin ich ziemlich früh aufgestanden, um mit dem Zug zu einem Auftritt in Nürnberg zu fahren. Ich war auf dem Weg zu einer Faschingsfeier in einem Kindergarten. Früher wollte man ja mit dem Karneval den Winter vertreiben und die guten Geister des Frühlings wecken. Auf den noch dunklen Straßen fegten die Straßenkehrer das winterliche Streugut zusammen.

Später im Zug saß mir ein müder Maler mit weiß gesprenkelter Kleidung gegenüber. Beim Umsteigen in den ICE in Ingolstadt landete ich aus Versehen in der ersten Klasse. Weil ich nur ein Zweite-Klasse-Ticket hatte und viel Gepäck, stand ich die Fahrt über im Gang und schaute durch die Scheiben den dunkel gekleideten Geschäftsmännern beim bequemen Reisen zu.

Am Bahnhof Nürnberg-Reichelsdorf holte mich eine fröhlich winkende Einrichtungsleitung des Kindergartens ab. Wir fuhren durch eine Hochhaussiedlung zur Kita. Dort war um neun Uhr morgens schon ziemlich viel Party mit Tanz und lauter Musik angesagt. Die Kinder waren verkleidet und wuselten aufgeregt im Haus herum. Als ich mich im Büro umgezogen hatte und die Social-Media-Beauftragte da war (die man nun wohl auch schon im Kindergarten hat), die Fotos machen würde, konnten wir starten. Die „dutz, dutz, dutz“-Musik wurde unterbrochen, und ich glaube, es war gut, in dem ganzen Trubel mit meinem Anfangslied „La mer“ von Charles Trenet auch einen musikalischen Kontrast zu setzen.

Die Vorstellung war einfach nur schön. Die Kinder lachten viel und waren sehr aufmerksam. Nach der Vorstellung umarmte mich eine kleine Meerjungfrau zum Abschied, und ein Pirat half mir beim Einpacken, während ein Ninja und ein Marienkäfer sich noch eine Weile mit mir unterhielten. Meine Reise hatte sich gelohnt, dachte ich. Als ich wieder im Büro – das ich als Umkleide benutzen konnte – angekommen war, tönte von draußen erneut ziemlich laute Musik. Ich schminkte mich während dem Lied „I’m a Barbie Girl“ ab, und das sah zu dem Sound irgendwie ziemlich skurril aus.

Danach brachte mich die nette Kita-Leitung wieder zum Zug. Wir umarmten uns zum Abschied. Ich dachte mir, wie Recht sie hat mit dem Spruch, der in ihrem Büro hing: „Im Job ist es wie mit einem Banküberfall. Ohne die richtigen Komplizen wird das nichts.“

Auf der Rückfahrt traf ich den Maler wieder, den ich bereits auf der Hinfahrt gesehen hatte. Er war diesmal ganz bunt besprenkelt, und so haben wir heute, jeder auf seine Art, die Welt ein klein wenig bunter gemacht. Und vielleicht ja auch gemeinsam mit den Straßenkehrern den Winter vertrieben und den Frühling angelockt …

 
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