Erinnerung an den Sommer 2020 (17. April 2024)

Heute bekam ich ein Bild zugeschickt und begann meinen Erinnerungen an die letzten Jahre zu zuhören. Sie tauchen mal hier auf, mal da. Danke an Silke für das Foto! Vielleicht steht es ja sinnbildlich für die letzten Jahre.
Es war ein Auftritt für Kinder im Sommer 2020. Es konnte nur für eine kleine Gruppe gespielt werden, dafür mehrmals hintereinander. Die meisten Veranstalter hatten ja alles abgesagt, aber einige mutige Menschen planten trotzdem kleine, feine Formate. Es war fast so viel Personal da wie Besucher, um Adressen in Listen einzutragen, wegen der Kontaktnachverfolgung (seltsames Wort), und die Leute zu ihren Plätzen zu bringen. Ich war nach dem langen Lockdown froh zu spielen und glücklich über die Kinder, die quicklebendig im Publikum saßen. Mit den Kollegen war es auch sehr schön. Ich ahnte damals nicht, dass die Regeln, die ja bereits recht konfus waren, ihren Gipfel noch nicht erreicht hatten. Auch nicht, dass die Absperrungen irgendwann zu dicken Mauern werden würden, die nur noch manchen Menschen Einlass gewährten.
Bei dem Auftritt jedenfalls spielte ich die „Geschichte vom Meer“ unter einem Baum. Plötzlich fiel eine Nuss von einem Ast direkt vor mich. „Das war ein Eichhörnchen!“, rief ein Kind, und so schimpfte ich als Glucks mit dem imaginären Eichhörnchen, und die Kinder lachten. Dann versuchte ich einen kleinen Ast nach oben zu werfen in Richtung Eichhörnchen, drehte mich um, und der Ast landete auf mir selbst, und die Kinder lachten noch mehr. Der ganze Auftritt war eine runde Sache, und die kleine Gruppe, die da war, verließ vergnügt den Platz und schaute sich danach noch die anderen Kollegen an. Auch von dort hörte ich viel Juchzen und Jubeln und stellte meine Sachen für den nächsten Auftritt wieder „auf Anfang“.
Vielleicht beobachteten uns die letzten Jahre ja die Eichhörnchen von oben aus den Bäumen. Sie wunderten sich sicher über die Menschen und grinsten vergnügt in sich hinein, was die so alles veranstalten. Und ab und zu warfen sie mal eine Nuss nach unten und hielten sich dabei die Bäuche vor Lachen.
Heute habe ich jedenfalls beschlossen mir den Spaß auf der Welt nicht durch die letzten Jahre verderben zu lassen. Ich versuche einfach, das Spektakel auf der Erde aus der Vogelperspektive zu betrachten. Von da ist es sicherlich ganz amüsant, manchmal bestimmt auch sehr traurig – wenn man sieht, dass die Menschen es einfach nicht hinbekommen, friedlich miteinander zu leben, obwohl sie ja letztendlich alle Menschen sind. Und falls mir das mit dem Wechsel der Perspektive auf meine eigene Spezies in diesem Leben nicht ganz gelingen sollte, dann werde ich in meinem nächsten Leben einfach ein Eichhörnchen.