Absagewelle (27. April 2024)

Derzeit bekomme ich einige Absagen. Es gibt Gründe. „Der Elternbeirat hat nicht so viel Geld“, „die Energiekosten sind zu hoch“, „der Tanzverein aus der Stadt kommt gratis“, „sorry, klingt super, aber unser Budget ist zu klein“, dazu die gestrige Absage einer Kundin, mit der ich echt oft telefoniert hatte: „Hall Frau Handel … die Geschäftsstelle hat sich leider für ein anderes Programm entschieden.“ Ha ha – bei der Anrede „Hall“ statt „Hallo“ wurde sogar bei den Buchstaben gespart …

Das alles nach den letzten Jahren auszuhalten, ist nicht einfach. Es gab noch nie viel Geld für Kinderkultur. Dabei wäre es möglich, genug Gage aufzutreiben, wenn die Menschen darin einen höheren Wert sähen und sich die Kosten teilten: Einen Teil zahlt der Elternbeirat, einen Teil kriegen sie von der Stadt oder einem Sponsor. Wenn man sieht wie viel Geld für anderes ausgegeben wird und wie wenig Knete für Kultur und kulturelle Bildung, ist das eh ein Trauerspiel.

Ich denke gerade daran, wie ich in meinen beruflichen Anfängen (als ich noch bereit war, über meine Gage bei Kindertheatervorstellungen mit mir handeln zu lassen) zu einem „Wir sind ein Verein und haben nur ein ganz kleines Budget – aber wir haben von Ihnen gehört und es wäre sooo schön, wenn sie kommen würden für unsere Kinder“- Auftritt anreiste.

Auf dem Weg zum Auftrittsort lief ich damals mit der „Geschichte vom Meer“ von der S-Bahn durch den tiefen Schnee. Ich zog meine Requisiten auf einem Handwagen, mit dem Koffer und den zwei Stühlen drauf. Außerdem trug ich noch einen Rucksack am Rücken. Es war wegen dem Schnee ziemlich anstrengend, den Wagen zu ziehen. Da sauste ein großes Auto an mir vorbei und spritze mich mit Schneematsch nass. Hinten drin saßen einige Kinder.

Ich lief um die Ecke und hatte wie die Autofahrerin, die mich gerade nassgespritzt hatte, mein Ziel erreicht. „Ach, Sie sind es es?!“, begrüßte mich eine elegante Dame, die aus dem Wagen stieg und sich als Veranstalterin zu erkennen gab. „Sie kommen zu Fuß? Sie haben gar kein Auto?“

„Nö“, antwortete ich und betrachtete ihr Auto. Ich kannte mich mit Autos nicht gut aus, aber ich ahnte, dass es ein sehr teures Auto war.

„Neuwagen mit Leichtmetallfelgen, meinem Mann ist das sehr wichtig“, sagte sie.

„Ah“, sagte ich. „Leichtmetallfelgen, noch nie davon gehört.“

„Ach Mensch, Sie Arme, so viel Gepäck und kein Auto!“, sagte die Dame.

„Wir haben zwei Autos!“, riefen die Kinder.

„Ah, und das ist mein Wagen“, sagte ich und zeigte augenzwinkernd auf meinen Handwagen.

„Boah“, sagten die Kinder. „Wie hast du denn die Stühle da dran befestigt?“, und sie interessierten sich für meine Expander und begleiteten mich nach drinnen.

Nachdem ich aufgebaut hatte, spielte ich. Das sind Momente, in denen Geld keine Rolle spielt. Aber es sind Erlebnisse wie diese und viele andere, weshalb ich nicht mehr über meine Gage mit mir handeln lasse …

Als ich gestern darüber nachdachte, klingelte das Telefon. Eine Anfrage wurde nach einem kurzen Gespräch auch gleich bestätigt. Die Leitung der Einrichtung sagte: „Toll, da kommt ein Theater extra zu uns. Wie schön, dass Sie Zeit haben. Wir freuen uns schon sehr.“

Na dann, auch andere Veranstalter haben tolle Kinder.

 

 
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