Gedanken zur Zukunft der Veranstaltungsbranche (8. Juli 2024)
Ich stelle mir die Frage, wie es in der Live-Veranstaltungsbranche weitergeht. Bei größeren Veranstaltungen wie Stadtfesten beobachte ich einen Hang zur Mitmachkultur: Lokale Vereine machen Tanzaufführungen, Hobbykünstler Auftritte für Kinder, nebenberufliche Musiker kleine Auftritte etc. Dann viel Beteiligung von der Stadtgesellschaft, Mitmachchöre, Schulaufführungen etc. Vielleicht ist das die Zukunft – oder das, was die Leute dann eben unter Kulturfesten verstehen?
Doch was passiert mit der Profibranche, die einfach mehr Geld verlangen muß, weil sie davon lebt? Fällt sie einfach raus? Ich weiß, dass es einige gibt, die sagen (oder denken): Selber schuld, ihr habt euch die letzten Jahre zu viel gefallen lassen. Ja, da würde ich auch zustimmen. Einzelne Personen ausgenommen. Aber für die Gesamtheit der Branche gab es zu wenig Diskurs, zu wenig interne Kritikfähigkeit, zu wenig Regierungskritik und auch zu wenig Weitblick in Bezug auf die Folgen, die weitaus größer sind als der finanzielle Verlust.
Doch unabhängig davon: Was ist der Stand der Dinge? Wir haben ein Publikum, das unverbindlich geworden ist und sich auch anderweitig und kostengünstiger beschäftigen kann. Und wer keinen Unterschied kennt zwischen dem, was möglich wäre, und dem, was ist, wird auch nichts vermissen. Wenn Feste in Zukunft ohne professionelle Künstler auskommen – was ich nicht hoffe, was aber denkbar ist – dann wird sich das Publikum eben daran gewöhnen. Auch Veranstalter, die ich jahrelang kenne, sind im übrigen unverbindlicher geworden.
Mir fällt als einzige Antwort für mich ein: Zurück zum Kleinen. Kleiner denken statt größer. Im Prinzip habe ich es auch schon immer so gemacht. Kleine, herzliche Formate. Weniger ist mehr. Jedoch nicht in Bezug auf die Gage. Aber in der Gesamtheit: weniger Auftritte. Ich kenne den Genuss und die Anstrengung, viel zu spielen. Aber ohne Fördergelder in der Tasche für eine Tour ist das im Kindertheaterbereich kaum möglich. Und auch wenn in Sonntagsreden gerne behauptet wird, wie wichtig „freie“ Kultur sei, habe ich doch sehr oft das Gefühl, auf mich allein gestellt zu sein.
Meine Arbeit besteht dennoch darin, den Zauber zu entfachen, den professionelle Auftritte mit jahrelanger Erfahrung eben haben. Nichts gegen Hobbykünstler, aber es ist ein Unterschied, ob man etwas nebenbei betreibt oder ganz mit Leib und Seele, und auch, ob man davon lebt oder leben muss. Eine andere Lösung fällt mir nicht ein. So denke ich heute darüber. Mal schauen, was ich morgen denke und vor allem, ob man insgesamt in den nächsten Jahren nicht selbst beim Gehalt der Hobbykünstler landet, die, weil sie einen anderen Beruf haben, halt auch weniger brauchen als man selbst. Wie auch immer, ich spüre, dass kein Weg daran vorbei führt, dass ich spielen werde. Aber ob es nochmal 18 Jahre werden, da bin ich mir derzeit nicht ganz sicher.