Gedanken zu einer gelungenen Theatervorstellung (9. Dezember 2024)

Seit achtzehn Jahren sind wir (und bin ich) nun schon als mobiles Theater unterwegs. Wir sind recht unkompliziert, was den Ort anbelangt, wo wir spielen. Im Prinzip brauchen wir nur eine freie Fläche (je nach Stück in unterschiedlicher Größe) und Sitzmöglichkeiten fürs Publikum, manchmal auch einen Stromanschluss. Und bei mehr als hundert Leuten Headsets. Bei schlechtem Wetter müssen wir in jedem Fall drinnen spielen. „Und auch wenn bei Ihrem Sommerfest immer schönes Wetter war, ist es doch gut, einen Plan B zu haben“, höre ich mich öfter mal ins Telefon sagen.

Das Publikum sollte am besten so sitzen, daß alle Kinder etwas sehen können. Sie sollten im richtigen Alter sein, wobei wir manchmal überrascht sind, dass unsere Altersangabe durchaus erweitert werden kann. Einmal haben wir mangels anwesender Kinder ein Kindertheaterstück – „Glucks, die Drachenbezwingerin“ – nur für Erwachsene gespielt, weil das eigentlich vorgesehene Publikum an diesem Tag kurzfristig leider doch nicht kommen konnte. Wir dachten nicht, dass das klappt, aber es war erstaunlich lustig. Generell ist es wunderbar, für Erwachsene und Kinder gleichzeitig zu spielen, weil wir uns viele Gedanken machen, wie wir beide Zielgruppen erreichen. Viele Gedanken machen wir uns auch darüber, wie wir die Aufmerksamkeitsspanne unserer jungen Gäste halten können. Da freuen wir uns über Unterstützung durch die Erwachsenen im Raum.
Zunächst der Klassiker, den es zu beachten gilt: Handys aus! Wenn es aus Versehen doch mal läutet, ist das zwar kein großes Drama – ich habe schon paar lustige Situationen erlebt, als ich darauf spielerisch eingehen konnte. Aber es gab auch andere Situationen. Die Bitte einer Veranstalterin führte bei einem lauthals telefonierendem Vater kurz vor unserem Auftritt mal zu der schnippischen Antwort: „Wir sind doch hier nicht in der Oper!“

Gut, dass ich das erst nach der Vorstellung erfahren habe – sonst hätte ich gleich eine Diskussion über Wertschätzung mit ihm angefangen. Darin zeigt sich halt ein gesellschaftliches Grundproblem: Kinder werden leider nicht als gleichwertig betrachtet, und daher gilt auch Kindertheater als weniger wichtig und weniger wertvoll. Das sagt ein Satz wie „Wir sind doch nicht in der Oper!“. Im Kindertheater kann ich als Gast also machen, was ich will? Egal ob es andere stört oder nicht?

Das zeigt sich auch an den mangelnden finanziellen Mitteln für das Genre Kindertheater. Oft lautet die wichtigste Frage: Wie teuer? oder eher: Wie billig? Das ist für viele Kinder schade, weil sie deshalb nie in den Genuss einer echten Theatervorstellung kommen, die nun mal mehr kostet als ein Hobbykünstler, der Kinderanimation mit Ballonknoten betreibt.

Je mehr unterschiedliche Stücke sie sehen, desto eher bekommen Kinder ein Gefühl für die Konzentration auf eine Live-Darbietung und lernen außerdem, sich mit anderen Menschen gemeinsam auf eine Geschichte zu konzentrieren – am besten ohne Ablenkung durch Handys und Elterngespräche. Es ist doch wunderschön, wenn Kinder, Eltern und Großeltern gemeinsam lachen und Geschichten lauschen, oder?

Wenn ein Kind als Dauerkommentator die Vorstellung zu seiner eigenen machen will, ist es hilfreich, das Kind ein bisschen zu besänftigen und zu bitten, etwas ruhiger zu sein. Wir tun das äußerst ungern, nur wenn es nicht anders geht. Es bringt jedoch nichts, durch den ganzen Raum zu schreien: „Sei endlich ruhig!“ Da zucken auch wir zusammen, zudem bevorzugen wir generell den freundlichen Umgang mit Kindern. Störend ist es übrigens auch, wenn das Kindergarten- oder Lehrpersonal während der Vorstellung Listen abarbeitet oder Handynachrichten verfasst. Wir spielen auch für Sie, und das bemerken Sie, wenn Sie uns zuschauen! Manchmal erleben Sie dann vielleicht auch, wie Kinder, die Sie als unaufmerksam und überreizt kennen, ganz aufmerksam und gespannt sein können … Das ist doch wunderbar, und dann ist Theater eine wertvolle Zutat zur geistigen Nahrung im Kindergarten- und Schulalltag.

Apropos Nahrung: Liebe Mamas, manchmal auch Papas, Ihr Kind hält auch mal fünfzig Minuten ohne Nahrungsmittelzufuhr durch! Halten Sie ebenfalls durch, selbst wenn es, während wir imaginäre Buchstabensuppe essen, schreit: „Ich habe auch Hunger!“ Das zeigt nur, dass es in der Geschichte mitlebt.

Nach der Vorstellung ist noch genug Zeit, die Semmeln vom Weihnachtsmarktstand zu holen oder aus Ihren großen, mit unverzichtbaren Dingen gefüllten Krutschtel-Taschen alles herauszuholen, was Sie und Ihr Nachwuchs zum Überleben auf dieser Erde brauchen: Feuchttücher zum Mundabwischen und das liebevoll zubereitete Sieben-Gänge-Menü in outdoortauglichen wasserabweisenden Aluboxen mit Apfelschnitzen, Reiswaffeln, Knabbereulen, Gurken- und Karottensticks, Trauben, wahlweise Vollkornsandwich mit veganem Aufstrich oder Biokäse auf Dinkelsemmeln.

Teilen Sie den gesunden Proviant doch einfach mit uns. Wir sehen auch, wie viel Arbeit das war! Ihr Kind will eh nur den Lolli!
 

 
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